Dolle Dolden – Duft und Genuss für die Küche, Eleganz und Leichtigkeit für den Garten

(GMH/BdS) Doldengewächse haben unter Gartenbesitzern meist einen schlechten Ruf. Denn das Lieblingsunkraut Giersch gehört genauso zu den Apiaceen, so der botanische Fachausdruck für diese Pflanzenfamilie, wie die wegen ihrer Giftigkeit und Verbreitungsfreude berüchtigte Herkulesstaude (Heracleum mantegazzianum). Aber was wäre ein Garten ohne Doldenblütler? Mindestens ein Irrtum, um Karl Foerster zu bemühen. Aber eigentlich eher eine Schande.

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Bildunterschrift: Hellgrünes, farnartiges Laub und eine weißblühende Dolde in über einem Meter Höhe kennzeichnen die Feinblättrige Silge (Selinum wallichianum). (Bildnachweis: GMH/ Jörg Pfenningschmidt)

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Der doldenlose Garten wäre ohne Duft, denn es fehlte das Aroma von Liebstöckel, Fenchel und Dill. Auch die Küche des doldenlosen Gartens sähe trübe aus, denn es gäbe keinen Koriander, Anis, Kerbel, Kümmel und keine Pastinaken, Möhren oder Petersilie. Aber es fehlte diesem Garten vor allem die Leichtigkeit und Eleganz, die so viele Doldenblütler auszeichnet. Doldengewächse schaffen Höhe und Fülle in der Pflanzung und zwar zu einem Zeitpunkt, an dem wir das nicht erwarten. Schon im Juni strahlen die rund 1,00-1,20 Meter hohen, weißen Blütenstände der Süßdolde (Myrrhis odorata) im lichten Schatten. Dazu gibt es frischgrünes feines Laub, das nach Anis duftet und wunderbar in selbst geernteten Salaten schmeckt.

Für Licht und Schatten

Was die Süßdolde im Schatten ist, ist Anthriscus sylvestris, der Wiesenkerbel, im „normalen“, sonnigen Beet. Bis zu 2 Meter hohe, weiße, filigrane Dolden bilden bereits im April und Mai beeindruckende Gartenbilder zusammen mit Zierlauch (Allium aflatunense `Purple Sensation´ oder Allium macleanii `Globemaster´), Pfingstrosen, Jakobsleiter und Wolfsmilch. `Ravenswing´ heißt eine Sorte des Wiesenkerbel mit dunkel purpurfarbenen Blättern. Sehr empfehlenswert!

Ein Platz im Beet, ausreichend mit Wasser, Licht und Nährstoffen versorgt, ist ideal für die „Königin unter den Doldenblütlern“ (so der englische Gärtner E. A. Bowles). Feinblättrige Silge (Selinum wallichianum) heißt dieser Traum aus dem Himalaya. Hellgrünes, farnartiges Laub aus dem sich rötliche Stängel erheben und in über 1 Meter Höhe eine große, weißblühende Dolde tragen, die dazu auch noch nach der Blüte dekorativ aussieht – duftiger und eleganter geht’s eigentlich nicht mehr. In meinem Garten steht sie zwischen dem Lampenputzergras Pennisetum alopecuroides `Moudry´, umrahmt von den kräftigen Ähren des Kerzenknöterichs und durchwoben von Geranium wallichianum `Jolly Bee´ mit seiner Unmenge blau-weißer Blüten.

Die einheimische Silge (Selinum carvifolium) ist vielleicht nicht ganz so beeindruckend wie die asiatische Verwandte, aber gleichfalls sehr hübsch und langblühend in 80 cm Höhe. Zusammen mit Phloxen und der Wiesenraute Thalictrum delavayi bilden sie in meinem Garten ein perfektes Trio im lichten Schatten eines alten Apfelbaumes.

Wer eine trocken-warme Stelle im Garten hat, an der der Boden eher nährstoffarm ist, der sollte unbedingt Seseli montanum pflanzen. Der Echte Bergfenchel kommt aus dem Mittelmeerraum und wird in meinem Garten ca. 60-70 cm hoch. Die kleinen Dolden erblühen weiß und färben sich dann an den Rändern leicht rötlich. Dieser sehr zierliche Bergfenchel blüht über drei Monate und ist eine tolle Ergänzung zu Polsternelken,  kleinen Gräsern und Leinkraut.

In Schönheit vergehen

Wer jetzt noch weitere Gründe für mehr Doldenblütler im Garten braucht: Kaum eine Pflanzenfamilie lockt und versorgt so viele Insekten wie die Apiaceen. Stellen sie sich vor die Blüte der Wilden Möhre (Daucus carota), des Wiesen-Bärenklaus (Heracleum sphondylium) oder der Elfenbein-Mannstreu (Eryngium giganteum) und es wird ihnen der Kopf schwirren von  Hummeln, Faltern, Schwebefliegen und Käfern. Auf einer Pastinake wurden täglich 573 Besucher gezählt, auf einem Fenchel 877 Insekten im Laufe eines Tages!

Schließlich ist noch lobend zu erwähnen, dass die meisten Apiaceen in Schönheit sterben. Nicht mit matschigen Blättern, sondern mit einem feinen, grazilen Skelett erwarten sie den Frost, schaffen auch im Winter Höhe in den Beeten und werden so oft nochmals zu bewunderten und fotografierten Stars bei Raureif im November oder Dezember.

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